Sichtbarkeit und Visualisierung von Windkraftanlagen/Windeignungsfeldern und Strommasten
1 Berechnung von Sichtbarkeiten auf die FlÀche
2 Fotomontagen / 3D-Visualisierungen von besonderen Sichtperspektiven
3 Ausweisung von potenziellen Gebieten fĂŒr Sichtverschattungen
Der Bau neuer Windkraftanlagen wird von Anwohnern in der nĂ€heren Umgebung hĂ€ufig sehr kritisch beurteilt, u.a. wegen der deutlichen Sichtbarkeit der Anlagen durch die Rotorbewegung bei Tag und durch die Befeuerung auf Nabenhöhe bei Nacht. Hochspannungsleitungen werden u.a. auch wegen ihrer Sichtbarkeit kritisiert. HĂ€ufig bestehen aber bisher Unkenntnis oder nur diffuse Vermutungen darĂŒber, von wo geplante Anlagen sichtbar sind, und, sofern ja, in welchem Ausmass.
- Sieht eine auf dem Dorfplatz stehende Person die geplanten Anlagen oder ist die Sicht durch GebĂ€ude oder die BĂ€ume einer GrĂŒnanlage verschattet?
- Wenn ja, sieht die Person die Anlage vollstÀndig oder nur einen oberen Teil?
- Im Falle von Hochspannungsmasten: sieht die Person die Traverse quer und damit massiv, oder sieht sie den Mast von der Seite und damit schlanker?
- Wie kann man sich das vorab vorstellen?
Die bildlich rÀumliche Vorstellung geht in den Köpfen der Beteiligten idR weit auseinander. Auf dieser Seite werden Methoden vorgestellt, mit denen:
- fĂŒr grössere Gebiete, aber auch detailliert wie fĂŒr einzelne Dörfer, die Sichtbarkeiten von Windkraftanlagen und anderer Masten wie Hochspannungsleitungsmasten oder Funkmasten modelliert werden können,
- fĂŒr besondere Sichtachsen geplante Anlagen durch Fotomontagen in Echtmassstab visualisiert werden können,
- eine der beiden Besonderheiten der WindrÀder, die Rotorbewegung, in animierten echtmassstÀbigen Filmsequenzen realitÀtsnah visualisiert werden kann.
Weiterhin werden Methoden zur Ausweisung von potenziellen Gebieten fĂŒr Sichtverschattungen vorgestellt.
1. Berechnung von Sichtbarkeiten auf die FlÀche
... Dieses Kapitel wird ĂŒberarbeitet.. 16.11.2017
Die folgenden Berechnungen können durchgefĂŒhrt werden:
- Entfernung zum nÀchsten Mast (eher bei Funkmast, Leitungsmast)
- Entfernung zum nÀchsten sichtbaren Mast (alternativ bei WKA oder reiner Betrachtung von Schutzgut Landschaftsbild)
- Anzahl der sichtbaren Masten
- Teilsichtbarkeit
- Winkel zur Traverse (nur bei Leitungsmasten)
Teilsichtbarkeit
Die folgende Abbildung (links) zeigt schematisch die partielle Sichtbarkeit fĂŒr ein sichtbares und ein unsichtbares Objekt. Die Werte der Sichtbarkeit fĂŒr den Beobachter sind hervorgehoben. Die rechte Grafik verdeutlicht die Teilsichtbarkeit fĂŒr ein Objekt, von dunkelgrĂŒn-blauen Standorten ist das Objekt nicht zu sehen, von gelb zu rot ist das Objekt zunehmend zu sehen.
Die nĂ€chste Abbildung zeigt das Detailergebnis einer Teilsichtbarkeitsanalyse fĂŒr eine Windenergieanlage mit einer Höhe von 124 m fĂŒr ein Dorf.
Genauigkeit der Berechnungen
Die Genauigkeit der Berechnungen ist abhĂ€ngig von der Genauigkeit, der VollstĂ€ndigkeit und der AktualitĂ€t der Eingabedaten fĂŒr das digitale OberflĂ€chenmodell:
- Relief: Digitales GelÀndemodell 25 (25x25m)
- Vegetation: Digitales Basis-Landschaftsmodell (oder andere), Wald und FeldgehölzeHöhe: Nadelwald: 20m, Misch- und Laubwald: 24m, Feldgehölz: 10m
- GebÀude: Digitales Basis-LandschaftsmodellHöhe: entweder gebÀudespezifischer Wert aus dem DLM oder Berechnung, z.B. 5m
Hecken und Baumreihen werden bisher nicht als Sichtbarriere berĂŒcksichtigt. Zu klĂ€ren ist hier noch, wann eine Hecke/Baumreihe letztlich eine vollstĂ€ndige Sichtbarriere darstellt, bzw. wie eine Teilsichtverschattung abgebildet werden kann (in AbhĂ€ngigkeit von Breite, Anzahl Reihen, Baumarten, Schichten, Jahreszeit und anderes mehr.)
Bewertung der Sichtbarkeit
Die Genauigkeit der Analysen, insbesondere die der binÀren Sichtbarkeit (ja, sichtbar oder nein, nicht sichtbar), ist immer unter Vorbehalt zu sehen. Ungenauigkeitsquellen sind insbesondere in den zugrundeliegenden Daten zu erwarten: Höhenangabe des DGM, Lage und Höhe von WaldflÀchen, Haushöhen. Eine Bewertung kann schematisch oder verbal erfolgen:
- Bewertung der Berechnungen ĂŒber Bewertungsschemata
- Wie wirken Sichtbarkeiten (oder NĂ€he bei nichtsichtbaren Masten)?
- Wie ist die Wirkung einer 124 hohen WKA in 100 Meter Entfernung? -> sehr hoch
Wie ist die Wirkung derselben Anlage in 1000/2000/3000m Entfernung? hoch, mittel, gering, sehr gering
Eine weitere Methode, die visuelle BeeintrÀchtigung durch Windenergieanlagen (WEA) und Freileitungen im Landschaftsbild zu beurteilen und zu untersuchen, besteht in der Schaffung einer realitÀtsnahen Darstellung der geplanten Anlagen mit Hilfe von Fotomontagen und/oder 3D-Visualisierungen.
Bestehende Windenergieanlagen und/oder Freileitungen werden durch Fotomontagen ausgewĂ€hlter Sichtlinien visualisiert. Die geplante Situation wird zudem animiert. Ziel dieses Verfahrens ist es, dem Betrachter einen möglichst realistischen Vorher-Nachher-Vergleich und eine bewegte Darstellung der zukĂŒnftigen Perspektive zu geben, eine detaillierte Vor-Ort-Darstellung, die ĂŒber die eher abstrakte flĂ€chenhafte Karten- oder Datendarstellung der Sichtberechnung hinausgeht.
Fotomontagen
hier: Entfernung vom Standpunkt bis zum WEA-Sichtfeld: ca. 9km
Abbildung 1: Fotomontage âIst: 6 Anlagen mit 179m Gesamthöheâ
(Bienert in Torkler et al. 2014)
Bewertung in flÀchenhafter Sichtanalyse: sehr gering
Abbildung 2: Fotomontage âIstâ und âGeplant: 10 Anlagen mit 200m Gesamthöheâ (Bienert in Torkler et al. 2014)
Bewertung in flÀchenhafter Sichtanalyse: hoch
3D-Visualisierung mit "Bioshere3D"
hier: Entfernung vom Standpunkt bis zum WEA-Sichtfeld: ca. 700m
Abbildung 3: 3D-Visualisierung âIst: keine Anlagenâ
(Zeidler 2015, unveröffentlicht)
Abbildung 4: 3D-Visualisierung âGeplant: 14 Anlagen mit 200m Gesamthöheâ (Zeidler 2015, unveröffentlicht)
Animiertes Video
Die folgende Abbildung zeigt eine Reihe von virtuellen Windenergieanlagen auf einem Feld nördlich von Prenzlau, vom Dorfkern aus gesehen.Das zugehörige Video kann hier aufgerufen werden. Die sich im Video nicht drehende WEA im linken Bildbereich besteht, die sich drehenden und blinkenden RÀder sind die geplanten, animierten Anlagen.
(Bienert in Peters et al. 2011)
3. Ausweisung von potenziellen Gebieten fĂŒr Sichtverschattungen
Fragestellungen sind:
- Wie sieht die Landschaft aus? Wie sieht man von ausgewÀhlten Standorten die Windenergieanlagen?
- Gibt es, bevorzugt in mittlerer Entfernung, GelĂ€nderĂŒcken, wo Pflanzungen sichtverschattend sein wĂŒrden?
- Wo könnte mit welcher Zielhöhe sichtverschattend gepflanzt werden?
Ausgang ist der Gedanke: Ist an einer Position die Höhendifferenz zwischen der Sichtlinie von Beobachter zur WEA-Spitze und der GelĂ€ndeoberflĂ€che kleiner als 24 m (durchschnittliche Baumhöhen), so wĂ€re durch einen ausgewachsenen Wald (Baumstreifen) eine Vollverschattung möglich. Ist die Differenz sogar nur 7 m oder kleiner, wĂ€re eine Vollverschattung durch eine Hecke möglich. Bis zum Erreichen der Zielhöhe und vollstĂ€ndiger Blickdichte ist natĂŒrlich nur eine Teilverschattung gegeben. Bei einer Differenz von mehr als 24 m (bis maximal ca. 40 m) ist grundsĂ€tzlich nur eine Teilverschattung möglich.
Die ausgewÀhlten Sichtlinien werden, deutliche Sichtbarkeit von Windenergieanlagen vorausgesetzt,
a) auf potenzielle Gebiete fĂŒr Sichtverschattungen (Hecken, Alleen, Baumgruppen, -streifen, ...) zur Verringerung der Sichtbarkeit von
Windenergieanlagen analysiert und
b) sofern positiv, werden Gebiete fĂŒr sichtverschattende Pflanzungen vorgeschlagen.
Die Sichtlinien werden automatisiert digital mittels Digitalem GelÀndemodell (DGM) und Digitalem OberflÀchenmodell (DOM = DGM plus DLM-Vegetation und GebÀude) analysiert. Dazu wird zunÀchst von der Beobachterposition (Augenhöhe von 1,70 m) bis zur WEA-Spitze
(z.B. 200 m Höhe bei geplanten Anlagen) die Sichtlinie berechnet (im folgenden Höchstsichtlinie genannt), dann wird fĂŒr die Sichtlinie die
Differenz zwischen Höchstsichtlinienhöhe und DGM-Höhe berechnet und es erfolgt eine Klassenzuweisung der berechneten Höhendifferenzen.
Die Daten werden in Form von Diagrammen, Tabellen und Karten visualisiert: Die Sichtlinien werden als Querprofil mit Höchstsichtlinie, DGM, DOM und Untersuchungsgrenze dargestellt.
Diagramm und Tabelle
Abbildung 1: Methodendarstellung Sichtlinien, Querprofil / Potenzielle Sichtverschattungsgebiete (Zeidler in Torkler et al. 2014)
Potentielle Sichtverschattungspflanzungen sind vor allem dort möglich, wo der GelĂ€nderĂŒcken nahe an der Höchstsichtlinie liegt. Ist im Profil eine derartige Position vorhanden, so ist diese mit einer pinken FlĂ€chenmarkierung markiert und mit âVnâ (V - Vegetation bereits vorhanden) oder âNnâ (N - ohne Vegetation) beschriftet (Kennzeichnung erfolgt auch in der Karte).
Die Zielhöhen (z.B. fĂŒr Vegetationspflanzungen) fĂŒr die ausgewiesenen potenziellen Gebiete mit Minimum- und Maximumwerten sind in den Tabellen neben den Diagrammen gelistet.
Karte
Alle Sichtlinien werden nach dem berechneten Höhenunterschied klassifiziert und eingefÀrbt (brauner Farbverlauf):
- > 40 m: Verschattung nicht möglich
- 24 â 40 m: selbst bei einem maximalen Aufwuchs von BĂ€umen final nur eine Teilverschattung möglich
- 5 â 24 m: eine Vollverschattung mit Vegetation in ebendiesen Höhen möglich
- 0 â 5 m: Positionen fĂŒr eine Vollverschattung
Abbildung 2: Methodendarstellung Sichtlinien, Karte Höhendifferenz / Potenzielle Sichtverschattungsgebiete , Ausschnitt und Teil der Legende (Zeidler und Torkler in Torkler et al. 2014)
Abbildung 3: Beispielkarte 'Potenzielle Gebiete fĂŒr Sichtverschattung' (Zeidler und Torkler in Torkler et al. 2014)
Referenzen:
Torkler, F., Zeidler, M., Bienert, O. (2015): Fotomontagen zur Visualisierung der Sichtbarkeit von Windenergieanlagen (WEA) in dem waldgeprÀgten Eignungsgebiet Windenergienutzung Wandlitz (Planfestlegung im Entwurfsstand der 26. RV, 02. Dezember 2013) von drei Standorten. Unveröffentlichter Projektbericht im Auftrag der Planungsgemeinschaft Uckermark-Barnim. HNE Eberswalde. 22 S.
Torkler, F., Zeidler, M., Bienert, O. (2014): Visualisierung von geplanten Windenergieanlagen durch animierte Fotomontagen ausgewĂ€hlter Sichtachsen sowie Ausweisung von potenziellen Gebieten fĂŒr Sichtverschattungen (Hecken, Alleen, Baumgruppen) zur Verringerung der Sichtbarkeit von Windenergieanlagen (Phase 2). Projektbericht im Auftrag der Nationalparkverwaltung Unteres Odertal. HNE Eberswalde. 60 S. (www.nationalpark-unteres-odertal.eu/index.php/visualisierung-von-geplanten-windenergieanlagen-durch-animierte-fotomontagen-ausgewaehlter-sichtachsen-sowie-ausweisung-von-potenziellen-gebieten-fuer-sichtverschattungen/ zuletzt besucht am 15.11.2017)
Torkler, F., Zeidler, M. (2013): Sichtbarkeitsanalyse von bestehenden Windenergieanlagen sowie geplanten Windeignungsfeldern fĂŒr die FlĂ€che des Nationalparks Unteres Odertal (Phase 1). Projektbericht im Auftrag der Nationalparkverwaltung Unteres Odertal. HNE Eberswalde. 19 S.
Brahms, E., Peters, J., Brandl, S., Sass, O., Torkler, F., Welsch, M., Zeidler, M. (2013): Landschaftsbild, Erholungsnutzung und Windenergieplanung in der Planungsregion Magdeburg. Beschreibung und Bewertung der Landschaft hinsichtlich der Empfindlichkeit gegenĂŒber der Errichtung von Windkraftanlagen und der Eignung fĂŒr Tourismus und Erholung aufgrund landschaftlicher und naturrĂ€umlicher Potenziale. Projektbericht im Auftrag der Regionalen Planungsstelle Magdeburg. (http://www.regionmagdeburg.de/index.phtml?sNavID=493.83&mNavID=493.1&La=1 zuletzt besucht am 15.11.2017)
Torkler, F. und C. Wygoda (2011): Teilprojekt Sichtbarkeitsanalyse. In: Peters, J. und E. Brahms (Hrsg.): Landschaftsbildgutachten zur geplanten 380-kV-Leitung im BiosphĂ€renreservat Schorfheide-Chorin (Uckermarkleitung). Bericht fĂŒr entera - Umweltplanung & IT.
Peters, J., Torkler, F., Bienert, O., Hempp, S. und C. Wygoda (2011): Entwicklung eines Tools zur Erfassung, Visualisierung und Bewertung von Sichtbeziehungen fĂŒr mastenartige Eingriffsvorhaben (Windkraftanlagen, Hochspannungsmasten, Funkmasten) als Grundlage fĂŒr die strategische UmweltprĂŒfung. Unveröffentlichter Projektbericht AZ 3508-11/11 fĂŒr MWFK Brandenburg. HNE Eberswalde. Gefördert durch das Ministerium fĂŒr Wissenschaft, Forschung und Kultur, Brandenburg.